Ochsenziemer, Rohrstock, Peitsche & Co.von GWallyTraditionelle häusliche Erziehung
Der Siebenstriemer hieß bei uns in Sachsen, insbesondere im Erzgebirge, Ochsenziemer und kam wohl bis Anfang der 60ger Jahre in jeder guten Familie mit Kindern vor. Je nach Temperament der Eltern wurde er auch zur mehr oder weniger schmerzhaften Erziehung von Jungen und Mädchen eingesetzt. In anderen Landstrichen wird er auch Klopfpeitsche, Siebenriemchen, Siebenschwanz, Siebensträhner, Neunschwänzige, Farrenschwanz, Ochsenfiesel, Hunderiemen oder wie in Frankreich, Martinet genannt. Der Ochsenziemer ist eine Riemenpeitsche mit 5 bis 7 rechteckigen Lederriemchen, die 40 cm lang und an einem 28 cm langen Holzgriff befestigt sind. Für kleinere Kinder gab es eine etwas kürzere Variante mit einer Gesamtlänge von nur 55 cm. Die Einheitlichkeit der Maße läßt fast schon auf eine DIN- oder TGL-Norm schließen. Der so oft genannte Rohrstock war mehr in den Schulen anzutreffen, jedoch zu meiner Kindheit schon längst nicht mehr. Nun war das aber damals so und wurde von uns Kindern auch akzeptiert. Respektvoll schaute ich gelegentlich auf den Küchenschrank, ob der Ochsenziemer auch noch dort lag. Ihn anzufassen habe ich mir schon nicht getraut. Nun kann man zu einer körperlichen Züchtigung mit einem Ochsenziemer stehen wie man will, es tut höllisch weh, macht rote Striemen, die aber schneller als bei dem Rohrstock vergehen. Außerdem ist bei liebe- und verantwortungsvollen Eltern die Strafe schnell wieder vergessen. Anders ist das mit Stubenarrest, Fernsehverbot, Entzug von Taschengeld o.ä. Ich bin auch der Meinung, der Staat sollte keine gewaltfreie Erziehung festschreiben, sondern dies wie in Frankreich und Tschechien den Familien überlassen. In Schulen ja, Eltern die ihre Kinder maßvoll züchtigen, sollten nicht kriminalisiert werden. Jahrhunderte lang wurde so mit Ochsenziemer, Rohrstock Peitsche und Co. erfolgreich erzogen.
Ende der 60ger Jahre schlug es mit der antiautoritären Erziehung in das andere Extrem um. Der Ochsenziemer und alles was damit in Verbindung stand, wurde totgeschwiegen. Dazu kam noch, daß das goldene Handwerk der Schumacher zwischenzeitlich fast ausgestorben ist und damit die Herstellung der Ochsenziemer mit den Riemchen aus Lederrestern.
Neuerdings tauchen zu meiner Freude in Museen, historischen Klassenzimmern oder sogar in Gaststätten wieder die bekannten Ochsenziemer auf. Bei eBay findet man sie als Dachboden-, Keller- oder Scheunenfund und kann sogar mit ihnen Preise zwischen 20 und 30 € erzielen.
Wer hätte das gedacht!
Die Geißel in der religiösen Kunst
" H e i d i "Eine wahre Begebenheit aus der Kindheit mit einem Ochsenziemer
von GWally, 19. Juli 2015
Es war ein sonniger Tag um das Jahr 1962. Ich spielte wie so oft mit Heidi im Sandkasten. Oma Gräfe putzte wie gewohnt Stücke für die Palla und hatte uns ständig aus dem Küchenfenster heraus im Blick. Gegen 16.00 Uhr kam Heidis Mutti Anita von der Arbeit und wollte gleich weiter. Sie sagte deshalb durchs Küchenfenster: "Komm Heidi, wir wollen nach Hause gehen". Heidi antwortete: "Oh schade, wir spielen gerade so schön" . Wir ließen uns nicht stören. Nach einer Weile rief die Mutti schon etwas energischer: "Komm Heidi und verabschiede dich von Oma". Wir spielten weiter. Beim 3. Mal rief die Mutti aus dem Toilettenfenster: "Komm endlich Heidi und schau mal was ich hier habe. Ich lege ihn schon mal auf das Fensterbrett". Damit meinte sie den Ochsenziemer. Wir spielten weiter, jedoch war Heidi schon viel unruhiger geworden. Da sie ihre Mutti wohl besser kannte als ich, bemerkte sie auch, daß der Ochsenziemer vom Fensterbrett verschwand. Nun besann sich Heidi und wir liefen beide los ums Haus herum. Auf halber Strecke kam uns Mutti entgegen und was hatte sie in der Hand, natürlich den verschwunden geglaubten Ochsenziemer. Ein Ausweichen war unmöglich und dann ging alles ganz schnell. Die Mutti holte weit aus und schon sausten die Riemchen auf Heidis nackte Beinchen. Sie schrie auf und lief weinend ins Haus. Mir blieb das Herz stehen und hatte nur eins im Kopf, schnell weg von hier und nach Hause. Heidis Mutti gab mir noch mit auf den Weg: "Wenn Du nicht mit drauf hörst, was ich zu Heidi sage, dann bekommst du das nächste Mal auch ein paar mit ab". Im Haus hörte ich Heidi weinen. Endlich zu Hause in der Küche angekommen, erholte ich mich nur langsam von dem Schreck. Ich war nur froh, daß ich nicht so einen kurzen Rock anziehen mußte, sondern meistens eine lange Hose, die mir mehr Schutz vor den vielen Riemchen zu bieten schien. Von meinem Erlebnis sagte ich zu Niemandem ein Wort und zu Heidi ging ich auch tagelang nicht mehr. Ich war mir ja nicht sicher, ob da nicht doch was nachkommt. Und mein Ochsenziemer, den ich oft schon zu spüren bekam, der lag auf dem Küchenschrank und wartete ebenfalls geduldig bis zur nächsten Gelegenheit auf mich.
Maxim Gorky
In mir lebt eine Erinnerung über die Kindheit von Maxim Gorky. Vermutlich war es ein schwarz-weiß Fernsehfilm (es gab damals fast keine Farbfernsehgeräte) und eventuell in russischer Sprache mit deutschen Untertitel. Weil der Vater zeitig verstarb, ist Maxim Gorky mit seiner Mutter in früher Kindheit ist zum Großvater auf das Land gezogen. Dort lebten mehrere Familien gemeinsam auf einen Bauernhof. Der Großvater stieg vom Wolgatreidler zum angesehenen Färbermeister auf. Nicht durch ihm beeinflußbare wirtschaftliche Verhältnisse im Lande, führten seine Färberei in den Bankrott und die ganze Familie in den sozialen Abstieg. Soziale Spannungen waren zwangsläufig.
Am Sonnabend-Nachmittag war es ungeschriebenes Gesetz, daß sich alle Jungen beim Großvater einzufinden hatten. Wer sich in der vergangenen Woche etwas zu Schulden kommen lassen hat, der wurde vom Großvater aufgerufen. Die größeren Jungen schnappten ihn sich legten denjenigen auf den Tisch und hielten ihn an Armen und Beinen fest. Dabei gab es laute Freude darüber, daß sie nicht das Schicksal teilen mußten und auch gewisse Schadenfreude, daß es gerade "den" getroffen hat. Mit wenigen Handgriffen wurde die Hose heruntergezogen, sofern die Jungen mit einer bekleidet waren, denn meistens trugen sie nur ein langes Hemd als einziges Kleidungsstück. Der Großvater, der geschickt mit der Peitsche umgehen konnte und durch seine schwere Arbeit muskulöse Arme hatte und Hände, die zugreifen konnten, erteilte die kräftigen Hiebe mit der Riemenpeitsche, die in Rußland liebevoll Nagaika genannt wird. Selbst die größeren Jungen weinten dabei. Hinterher trösteten sich die gegenseitig, die sich auch sonst gut verstanden und gaben sich Ratschläge, wie die Peitschenhiebe weniger weh tun würden. Die Muskeln locker lassen, das würde helfen. Einmal wurde Maxim Gorky so ausgepeitscht, daß er bewußtlos wurde, tagelange Beschwerden hatte und im Bett lag. Nun tritt auch der Großvater, der ihn so schlimm zugerichtet hat, an ihn heran und erklärt: "Glaubst Du vielleicht, ich habe keine Schläge bekommen? Mich, Aljoscha, hat man so geschlagen, wie du es im schlimmsten Traum nicht träumen wirst. Man hat mir so weh getan, daß wohl der Herrgott selber geweint hat, als er es sah!". Alles Übel pflanzt sich fort.
Diese Geschichte faszinierte mich schon immer. Es hätte mich in abgewandelter Form jederzeit auch treffen können. Der Ochsenziemer lag griffbereit auf den Küchenschrank. Diese Vorstellung machte mich neugierig auf die Peitsche. Anderseits hatte ich mächtigen Respekt vor dem Ochsenziemer, den Holzgriff mit Lederriemchen am Ende. Ich konnte mir nicht vorstellen, so eine Bestrafung wie andere Kinder aus der Nachbarschaft erhielten, selber auszuhalten und durchzustehen.
Sprichwörter, die nichts Gutes verhießen:
"Wer nicht hören will, muß fühlen" "Ich hole den Ochsenziemer und verhaue Dich, daß Dir Hören und Sehen vergeht" "Ich haue Dich windelweich" "Liebe und Hiebe" "Dann hat Dein Popo Kirmes" "Dir juckt wohl Dein Fell" Sprichwort aus Prag: "Erklären ist gut, Schläge sind besser" "Standpauken kosten Zeit und Energie. Ein Klaps ist da effektiver" "Schade um jeden Schlag, der daneben geht"
Zusatzstrafen von erfinderischen Eltern und Lehrer zur Verschärfung der Züchtigung:
Knien auf Gegenständen (Holzscheit, Kieselsteinen, Erbsen) Sitzen auf Reißzwecken, Dornen, dreieckigen Holzstäben In der Ecke stehen, Standstrafe ev. mit halten von Gewichten Hochziehen / Aufhängen Wärme und Kälte, kaltes Duschen Kernseife in den Mund (bei bösen oder falschen Reden) Einreiben mit brennenden Mitteln (Finalgonsalbe, Franzbranntwein) Ingwerzäpfchen in den Po Brennnessel auf Po oder ganzen Körper.
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